Warum das Urheberrecht alle angeht: die neue Handreichung zum Urheberrecht in der Lehre und Wissenschaft

  • Beitrags-Autor:

Warum das Urheberrecht  alle  angeht:

Ein Artikel von Yulia Loose

…weil Hochschulen kein urheberrechtsfreier Raum sind.
Das Urheberrecht bietet Möglichkeiten, Werke Dritter legal in der eigenen   Lehre zu nutzen, bisweilen sogar ohne das Einverständnis der urhebenden Person. Es geht aber auch mit Verpflichtungen und Vorgaben einher, für die ein Bewusstsein vorhanden sein sollte: aus Gründen der Existenzsicherung, zur Wahrung eigener Interessen, zur Vorbeugung vor rechtlichen Konsequenzen…

Zudem ist das Urheberrecht allgemein gültiges, alltägliches Recht. Daher ist die Relevanz des Urheberrechts nicht auf die Rolle Lehrende, nicht   auf die Rolle Studierende beschränkt.

…weil das Urheberrecht Studierende nicht nur im Rahmen einer Hochschule, sondern auch in ihren späteren Berufen sowie in ihrem gegenwärtigen Alltag begegnet.

‚Banal‘ kann das Urheberrecht beispielsweise im Rahmen von (kritischen, künstlerischen) Memes, geteilt etwa via sozialer Medien, relevant sein — hier geht es um Ausnahmen aus dem Urheberrecht (Pastiche). Präsentationen in späteren Lebensabschnitten etwa vor Kunden:innen / in der Öffentlichkeit können es erfordern, etwaiges Bildmaterial Dritter urheberrechtskonform zu nutzen.

…weil das Urheberrecht auch Lehrende betrifft—ebenfalls auch abseits einer Hochschule in Beruf und Alltag.

Die Nutzung von Materialien Dritter in der eigenen Lehre berührt urheberrechtliche Aspekte. Es kann etwa zu Abmahnungen kommen, sollten bereitgestellte Materialien Dritter über einen zugangsbeschränkten Moodle-Kurs hinaus verbreitet werden. Denn eine solche Verbreitung geht über die Erlaubnisse der Bildungs- und Wissenschaftsschranke (§ 63 UrhG) hinaus.

Auch abseits der Hochschule, im Berufsalltag spielen urheberrechtliche Belange eine Rolle — hinsichtlich der kommerziellen Verwertung eigener Werke, ggf. die Gewährleistung der eigenen Existenzgrundlage betreffend.

Als Privatpersonen, im Sinne demokratischer Teilhabe, begegnen Lehrenden außerdem das Urheberrecht und seine Ausnahmen — z. B. beim Erstellen besagter Memes.

…weil Hochschulen eine Vorbildfunktion haben — für Studierende, für gute Wissenschaft.

Hochschulen obliegt es / ihr Selbstverständnis ist es, Studierende auf ihren weiteren Lebensweg vorzubereiten, studienbegleitend generelle Impulse zu setzen. Daher sollte eine Hochschule auch hinsichtlich des Urheberrechts (mindestens implizit) Unterstützung leisten / angemessenes bzw. rechtskonformes Verhalten vorleben. Insofern können Grundkenntnisse des Urheberrechts auch die Qualität der Lehre steigern. So gehört es u. a. zur wissenschaftlichen Praxis, fremde Materialien auch rechtskonform zu verwenden.

…weil Sie und Dritte — soweit möglich — über das jeweils geschaffene Werk entscheiden wollen; Sie ggf. auf die Zuordnung der Urheberschaft (kommerziell oder ideell) angewiesen sind.

Ihr Werk soll z. B. nicht gestohlen und/oder aus dem Kontext gerissen werden; Sie wollen und sollen über die Nutzungsarten Ihrer Werke etwa durch Lizenzvergabe entscheiden dürfen. Dazu ist ein Bewusstsein für die Potenziale des Urheberrechts sowie dessen Ausnahmen notwendig. Im Sinne sozialen Miteinanders, wissenschaftlicher Transparenz, gar ökonomischer Faktoren sollen andere sich nicht mit ‚fremden Federn‘ schmücken; die Existenz Dritter sollte nicht gefährdet werden, indem deren Werke ohne Vergütung genutzt werden.

…weil mit einem Bewusstsein für das Urheberrecht Abmahnungen und Reputationsschäden vermieden werden können.

Studierende, Lehrende sowie insbesondere deren Institution, in die Berufswelt einsteigende Absolvent:innen sowie weiterhin privatwirtschaftlich agierendes Lehrpersonal können bei Urheberrechtsverletzungen Konsequenzen erfahren — durch Schadensersatzforderungen, strafrechtliche Maßnahmen oder Ansehensverlust.

…weil sich mit einem Bewusstsein um das Urheberrecht ein, mindestens hochschulintern, gutes Miteinander begünstigen lässt. 

Es kann eine ‚Kultur auf Augenhöhe‘ gefördert werden, indem der urheberrechtskonforme Umgang mit Werken wissenschaftlicher Mitarbeitender und/oder Studierender bedacht wird. Weitergedacht: Es könnte (wie gesehen) die Existenzgrundlage Dritter Beachtung finden, ein dahingehendes gesellschaftliches Miteinander beflügelt werden, da fremde Werke nicht ‚einfach so‘ (und ggf. ohne Vergütung der urhebenden Person) Nutzung erfahren.

…weil das Urheberrecht u. a. im Zuge der Digitalisierung allzu schnell gebrochen werden kann; hinsichtlich Digitalisierung  und diesbezüglicher Verlockungen sensibilisiert werden muss.

Insbesondere digital ist vieles so schnell kopiert, wie Urheberrechte verletzt werden können. Die technische Kopierbarkeit, ein Download-Button ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Erlaubnis zur unbeschränkten Nutzung.

…weil das Urheberrecht Ausnahmen kennt, in Folge derer eine Nutzung ohne Einwilligung urhebender Personen möglich sein kann.

Das Zitatrecht und die Bildung- und Wissenschaftsschranke ermöglichen im Rahmen von konkreten Vorgaben eine im Umfang beschränkte Nutzung der Materialien Dritter. Im Falle der Bildungs- und Wissenschaftsschranke ist die Nutzung zwar ebenso öffentlich, aber ‚nur‘ in einem begrenzten Personenkreis, möglich.

…weil das Urheberrecht bei bestimmten Materialien und in bestimmten Situationen   nicht gilt.

Z.B. sind gemeinfreie Materialien und Materialien mit geringer Schöpfungshöhe frei vom Urheberrecht. Aber auch eine nicht öffentliche Nutzung von Materialien Dritter — im Sinne einer Wiedergabe oder des Bereithaltens fremder Werke — stellt keinen urheberrechtlich relevanten Akt dar (Förster 2018: 7).

…weil das Urheberrecht Grenzen kennt, deren Überschreitung aber im wissenschaftlichen Kontext verpönt ist / als Plagiat gilt. 

So gelten wissenschaftliche Inhalte abseits einer konkreten Form (≈ wörtliches Zitat) als nicht durch das Urheberrecht geschützt. Die nicht gekennzeichnete Verwendung etwaiger sinngemäßer Inhalte mag zwar urheberrechtlich nicht problematisch sein, gilt aber durchaus als Verstoß gegen Standards guter wissenschaftlicher Praxis (≈ Dokumentation und Eigenständigkeit). Zudem könnte ein solches Vorgehen gegen Prüfungsordnungen, Universitätsrecht und Arbeitsverträge verstoßen; ggf. auch gegen das Marken- und Patentrecht. Auch auf dieser Ebene sind also mindestens Reputationsschäden denkbar.

Auszug aus der Handreichung “Urheberrecht in der Hochschullehre” von Sönke Hahn, Hochschule Emden-Leer für twillo, CC BY 4.0, Text leicht verkürzt, formatiert.