Große Herausforderungen für kleine Fächer
Kleine Fächer wie die Niederdeutsche Philologie stehen an vielen Hochschulen vor ähnlichen Herausforderungen: steigende Anforderungen an moderne digitale Lehre sowie geringe personelle Kapazitäten an den jeweiligen Standorten. Gleichzeitig besteht die Frage, wie man die sich aktuell maßgeblich im Norden Deutschlands etablierende Lehrkräfteausbildung im Fach Niederdeutsch stärken und den je bundeslandspezifischen Anforderungen gerecht werden kann. Genau hier setzt das Lehrnetzwerk Niederdeutsch vermitteln (LeNie) an: mit einem kooperativen Ansatz, um hochschuldidaktische, technologische und fachspezifische Anforderungen an moderne Hochschullehre zu bewältigen und sich neben der Forschungs- auch als Lehrgemeinschaft zu etablieren.
Kooperation als Antwort – das Lehrnetzwerk Niederdeutsch vermittel (LeNie)
Das Lehrnetzwerk Niederdeutsch vermitteln (LeNie) ist ein Zusammenschluss von derzeit 35 Hochschullehrenden 15 verschiedener nationaler und internationaler Standorte, verschiedener Disziplinen, die das Niederdeutsche aus literaturwissenschaftlicher, sprachwissenschaftlicher und didaktischer Perspektive erforschen. Aufgrund des kooperativen Ansatzes des Lehrnetzwerks kann nun an jeder Hochschule im Netzwerk das Lehrangebot im Fach diversifiziert und Wissen ausgetauscht werden. Dank einer Förderung der Stiftung Innovation in der Hochschullehre (StIL) koordinieren Prof. Dr. Brite Arendt (Universität Greifswald) und Prof. Dr. Andreas Bieberstedt (Universität Rostock) als Projektleitung sowie die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen Anne Hertel und Jörg Holten (beide Universität Greifswald) die gemeinsame Erstellung von Lehrmaterialien, die als OER auf twillo veröffentlicht werden. In fünf Kreativgruppen (Literatur- und Kulturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Sprachpraxis, Sprachgeschichte und Niederdeutschdidaktik) haben die Mitglieder seit 2023 an den gemeinsamen OER gearbeitet und sich mittels dreier Weiterbildungsworkshops u. a. mit dem Thema Rechtssicherheit und Fragen nach CC-Lizenzen auseinandergesetzt, sowie Kenntnisse über Programme und Tools erlernt, um die OER konkret umzusetzen.

Personen im Bild v. l. n. r.: Prof. Dr. Birte Arendt, Anne Hertel (M.A.); Dr. Lisa Dücker, Prof. Dr. Doreen Brandt, Constanze Reder-Knerr (M.A:), Dr. David Stöllger, Antje Köpnick, Nikos Saul (M.A.).
OER als Mittel zur nachhaltigen und zukunftsfähigen Lehre im Fach Niederdeutsch
Die Motivation, OER zu erstellen, ist klar definiert: die Ausbildung zukünftiger Niederdeutschlehrer*innen soll gestärkt werden und das interuniversitär und kooperativ. Da keine Hochschule allein die Ressourcen hat, dies umzusetzen, werden so Synergien geschaffen und den gestiegenen Anforderungen an zeitgemäße digitale Hochschullehre (WR 2022) kann mit gebündelten Kräften begegnet werden. So ermöglichen es OER, hochwertige Inhalte gemeinsam zu erstellen, zu teilen und kontinuierlich weiterzuentwickeln, die gleichzeitig digital, multimedial und studierendenzentriert sind.
Die (zukünftigen) auf twillo veröffentlichten Materialien spiegeln die thematische Breite des Netzwerks und des Fachs wider: Videoformate mit interaktiven Quizzen zu literaturwissenschaftlichen Themen, verschiedene H5P-Elemente zu Themen der Sprachwissenschaft und der Niederdeutschdidaktik sowie Podcasts, die sich mit relevanten Themen und aktuellen Forschungsfragen der niederdeutschen Philologie beschäftigen. Dabei orientieren sich die OER grundsätzlich neben fachlichen auch an didaktischen Grundsätzen, wie z.B. der Phasierung nach dem EEE-Prinzip aus Einstieg, Erarbeitung und Ergebnissicherung (von Brandt 2022), was in den Metadaten entsprechend markiert wird.
Diese Vielfalt ist kein Zufall, sondern das Ergebnis interdisziplinärer Zusammenarbeit. Weil Lehrende ihr Wissen zusammentragen und OER einen strukturierten, offenen Rahmen bieten, können Inhalte geschaffen werden, die nicht nur einzelne Veranstaltungen bedienen, sondern langfristig für die gesamte Fachcommunity nutzbar sein werden.
twillo bietet dem Netzwerk hierbei einen optimalen Rahmen und ist mehr als nur ein Portal zur Veröffentlichung. Vielmehr bietet es den Mitgliedern eine zentrale Infrastruktur für kollaborative, offene Hochschullehre im Fach Niederdeutsch und dies in gleich vierfacher Weise: Zum einen ist es für LeNie elementar, ein national zugängliches Portal zu nutzen, da das Netzwerk Lehrende und Hochschulen mehrerer Bundesländer vereint. Zum anderen sollte das Portal nachhaltig über die Förderdauer des Projekts (2023–2026) nutzbar sein. twillo bietet eine verlässliche Infrastruktur, die ein zentraler Aspekt der nachhaltigen Lehre und OER-Strategie des Netzwerks ist. Ein dritter Aspekt ist die niedrigschwellige Veröffentlichungsmöglichkeit auf dem Portal: die Einarbeitung in die Funktionen gelingt Dank der tollen Infomaterialien und des persönlichen Supports. Gleichzeitig können die OER in einem rechtssicheren Umfeld publiziert werden, das auch eine didaktische Einbettung des Materials ermöglicht. Dieser Aspekt ist für die Hochschullehreden von zentraler Bedeutung, um eine Nachnutzung zu erleichtern. Der vierte Punkt betrifft die Sichtbarkeit und die Vernetzung der OER, denn die dort publizierten OER sind automatisch auch in anderen Suchportalen auffindbar. So wird die Reichweite der eigenen Arbeit erhöht und steigert das Ansehen über die Grenzen des eigenen Faches hinaus.
Kurz gesagt: twillo verbindet Offenheit mit Qualitätssicherung und Vernetzung. Für das Lehrnetzwerk Niederdeutsch vermitteln (LeNie) ist das genau die richtige Plattform, um gemeinsam entwickelte Materialien sichtbar und zugänglich zu machen.

Personen im Bild v. l. n. r.: Anne Hertel (M.A), Dr. David Stöllger, Antje Köpnick, Noreen Krause.
OER als Netzwerkstrategie
LeNie versteht OER nicht als Nebenprodukt, sondern als zentrales Mittel der Fachentwicklung. Durch OER machen die Mitglieder ihre Arbeit sichtbar, stärken das Fachprofil durch Innovationen in der Lehre und bieten anderen Lehrenden im In- und Ausland eine Grundlage, auf der sie aufbauen können und setzen dabei dabei konsequent die Empfehlungen der KMK um. Besonders hilfreich ist hierbei das direkte Feedback der Studierenden als Mittel der Evaluation, sowohl im Einsatz der OER im Seminarkontext, als auch im Rahmen der jährlich stattfindenden Winterakademien. Zu letzterer kommen Studierende aller Hochschulen des Netzwerks zusammen, um zu gemeinsamen Fragestellungen in den Austausch zu treten und bereits im Studium das Potenzial von OER und Kooperation zu erproben. In seiner Form erprobt das Lehrnetzwerk Niederdeutsch vermitteln (LeNie) innovative Lehrformen und hofft so, andere kleine Fächer zu inspirieren.

Literatur
Von Brand, T. (2022): Deutsch unterrichten: Einführung in die Planung, Durchführung und Auswertung in den Sekundarstufen. 8., akt. Aufl. Hannover.