
twillo durfte als Kooperationspartner das Camp begleiten und wir vom Team haben uns mit zahlreichen Workshops und Sessions beteiligt. Besonders beeindruckt waren wir von den vielen neuen OER-Begeisterten, die sich – teils gestärkt durch die Newbie-Sessions – mit ihren Ideen und Fragen in die Diskussionen lebhaft einbrachten.
Donnerstag 04.09. – Pre-Camp-Workshops
- KI@OER: Doppelte Herausforderung bei doppelter Chance? (Klaus Wannemacher)
Im Workshop haben wir erste Ergebnisse aus unseren aktuellen Studien zu KI und OER gegeben und in drei Arbeitsgruppen Einzelfragen betrachtet. Die Workshop- Teilnehmenden schrieben der Nutzung von KI-Technologien an den Hochschulen ein hohes Potenzial zu, sprachen jedoch von ungünstigen strukturellen Rahmenbedingungen und bemängelten, dass es an den Hochschulen für eine raschere Adaption von KI-Tools für die Open Education an Ressourcen mangele. Auch stehe die KI-Nutzung für die Open Education dem Grundgedanken entgegen, dass wechselnde Personen bestehende OER überarbeiten und anreichern – dies könne sich mittelfristig innovationshemmend auswirken.
- KI und OER im Einsatz: OER vielseitig und rechtskonform mit KI aufwerten (Yulia Loose, Johannes Koch)
In diesem interaktiven Workshop haben wir praxisnah rechtliche Aspekte der KI-Nutzung vermittelt: Schützt das Urheberrecht KI-Output und Prompts? Wer haftet, wenn der Output rechtsverletzende Inhalte enthält? Dem folgte eine rege Gruppenarbeit, in der die Teilnehmenden Fälle zur offenen Lizenzierung von KI-generierten Inhalten gelöst haben. Die anschließende Diskussion machte deutlich, dass trotz scheinbar eindeutiger Fälle zahlreiche Aspekte gegeneinander abgewogen werden müssen. Im zweiten Teil des Workshops stand die praktische Anwendung von KI in der Hochschullehre im Mittelpunkt. Anhand konkreter Beispiele wurde gezeigt, wie KI-gestützte Tools Lehr- und Lernprozesse unterstützen können – etwa durch die Simulation von Personen, die Visualisierung komplexer Inhalte oder die Ableitung von Aufgabenformaten. Ziel war es, KI als didaktisches Werkzeug für eine offene und qualitativ hochwertige Lehre einzuordnen und neue Impulse für die eigene Praxis zu geben.
- Alle 11 Sekunden verliebt sich eine Lehrperson in ein OER – Metadaten sei Dank (Sabine Stummeyer, David Stöllger)
Gute OER müssen erstens gefunden und zweitens deren didaktischer Kontext verständlich sein. Dabei spielen Metadaten für die Auffindbarkeit von offenen Bildungsmaterialien eine erhebliche Rolle; ganz unabhängig davon, ob sie von einem Newbie oder einem OER-Profi konzipiert und erstellt wurden. Dieser Workshop zeigte, dass Beschreibungen eigener Werke durch Metadaten keine „lästige“ Aufgabe im Veröffentlichungsprozess sein müssen, sondern durchaus Spaß machen können. Mit Einsteigenden und Profis haben wir die wichtige Rolle guter Metadaten herausgearbeitet, technische Umsetzungen diskutiert und die Suche nach OER in twillo via des OERSI in der Praxis getestet.
- Community-Konsultation
Das Top-Thema des diesjährigen OERCamps war Open Educational Practices und so rückte OEP auch in den Fokus der Community-Konsultation am Donnerstag Nachmittag. Bereits im Vorfeld wurden Aussagen von mehr als fünfzig Expert*innen als Videostatements festgehalten. Ein paar prägnante Zitate wurden von Sandra Schön ausgewählt und an verteilten Stationen im Gebäude präsentiert. Die Teilnehmenden des Camps fanden sich in kleinen “Reisegruppen” und diskutierten an ausgewählten Stationen diese Aussagen und dokumentierten ihre Ergebnisse. Diese sollen in einer Publikation unter Federführung von Sandra Schön veröffentlicht werden.
Freitag 05.09. – Barcamp-Sessions
- Wie gelingt ein OER-Sprint? (Gabi Fahrenkrog, Johannes Koch, Silvia Czerwinski)
Die Session widmete sich den Gelingensbedingungen für OER-Sprints, ein zeitlich begrenztes, kollaboratives Format zur Erstellung offener Bildungsmaterialien. Diskutiert wurden zentrale Erfolgsfaktoren wie ein klarer organisatorischer Rahmen, vorab definierte Tools und Rollen sowie eine gute inhaltliche Steuerung. Innerhalb des Austauschs wurde deutlich, dass die Gewinnung von Mitwirkenden eine der größten Herausforderungen zu sein scheint. Um gute Gelingensbedingungen zu schaffen, wurden u. a. die persönliche Ansprache, ein klar umrissenes Projektende, soziale Anreize sowie die Entlastung von organisatorischen Aufgaben genannt. Auch eine passende Rollenverteilung – z. B. Autor*innen, Mediengestaltende, Koordination – wurde als hilfreich beschrieben. OER-Sprints lassen sich flexibel gestalten, etwa auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen, gemeinsam mit Studierenden.
- Canva – Funktionen und rechtskonforme Einsatzmöglichkeiten in der Lehre (Britta Beutnagel)
Canva ist eine Webanwendung und App, mit der man ganz einfach digitale Inhalte und Druckprodukte (z.B. Poster, Präsentationen, Social Media Posts uvm.) erstellen kann. Hierfür stehen zahlreiche professionelle Designvorlagen kostenfrei zur Verfügung, die man entlang der eigenen Bedarfe anpassen, verändern und speichern kann. Doch eignet sich Canva auch für die Gestaltung von OER?
Im Rahmen der Session wurden zunächst die Oberfläche und die wichtigsten Funktionen von Canva vorgestellt. Anschließend wurden die AGB des Anbieters unter die Lupe genommen und potentielle Einsatzmöglichkeiten in der offenen Lehre und deren Hürden und Herausforderungen diskutiert. Es zeigte sich, dass Vorlagen und Templates von Canva aufgrund lizenzrechtlicher Aspekte i.d.R. nicht bei der Gestaltung von OER genutzt werden dürfen. Die Arbeit mit dem Programm und ausschließlich eigenen Inhalten kann durch die intuitive Oberfläche aber durchaus Mehrwerte für offene Bildungsmaterialien bieten.
- Alle 11 Sekunden … Warum sind Metadaten so toll? (Sabine Stummeyer, David Stöllger)
Warum sind Metadaten eigentlich so toll? Auch im Format der BarCamp-Sessions haben wir Metadaten von OER und deren Unerlässlichkeit für die erfolgreiche Suche von OER diskutiert. Für Teilnehmende dieses Formats waren gerade die technischen Details, wie passende Metadatenschemata und der Metadatendialog in twillo interessant. Aber auch die Frage, wie es zu den großen Unterschieden in der Qualität der Metadaten unter den OER-Materialien kommt. Hier wurde von Teilnehmenden die Motivation zum Ausfüllen von Metadaten via Gamification vorgeschlagen; eine Idee, die sich ganz mit unseren deckt.
- Pain Points: Bedarfe und Lösungen für die Praxis (Susanne Friz, Noreen Krause, Konrad Faber, Martin Christian)
In drei Gruppen wurden aktuelle Bedarfe zur Kompetenzentwicklung von OER bzw. OEP sowie motivationale Aspekte gesammelt und diskutiert. Zunächst wurden Metadatenstandards und Interoperabilität als Grundlagen identifiziert. Dabei ging es auch um die Frage der Messbarkeit von Inhalten sowie Bewertungssystemen. In der zweiten Gruppe wurden Anreize und Motivation in den Blick genommen, z.B. der Wunsch nach Feedback und Nutzung der eigenen Bildungsmaterialien. Die Perspektive der Lernenden – insbesondere von Schüler*innen – wurde ein der dritten Gruppe eingenommen.
Samstag 06.09. – Workshops
- OER in der Lehrgestaltung: Grundlagen und praktische Anwendungsfälle (Noreen Krause, Malte Schweizer, David Stöllger)
Wie gestalte ich meine Lehre offen, so dass andere einfach darauf aufbauen können und dann auch noch rechtlich abgesichert? Dieser Frage hat sich das Team twillo mit tatkräftiger Unterstützung von Malte Schweizer vom Institut für Didaktik der Naturwissenschaften der LUH zusammen mit Teilnehmenden angenommen. Zentrale Einsicht dabei: Wir müssen einen guten Spagat zwischen der Motivation Lehrender zur Erstellung von OER und genügendem Verständnis der rechtlichen Grundlagen schlagen. Viele Lehrende haben einerseits bereits Lehrmaterialien erstellt, die sich mit teils wenigen Schritten in offene Bildungsmaterialien umwandeln ließen und in eine offenen Lehrgestaltung einbetten lassen. Lehrende brauchen dazu ein grundlegendes Verständnis des Rechtsrahmens, in dem sie rechtssicher OER erstellen und veröffentlichen können, der nicht kompliziert und abschreckend wirkt. Weiterhin kann die Erstellung von OER (z.B. mit zusammen mit Lernenden) in einem offenen Lehr-Lern-Konzept verankert werden.
- Wie gelingt der Aufbau länderübergreifender OER-Infrastrukturen? (Noreen Krause, David Stöllger)
Dass länderübergreifende Infrastrukturen und Kooperationen wichtig sind, da waren wir uns mit den Teilnehmenden schnell einig. Aber was braucht es für langfristige OER-Infrastrukturen? In lebhafter Diskussion entwickelten sich dazu wichtige Einsichten: Offene Bildungsmaterialien und Bildungsformen und die notwendigen Infrastrukturen sind eng mit Demokratie verbunden. Offene Bildung löst nicht nur wichtige Grundbedürfnisse und ‑rechte der Demokratie ein, sondern kann selbst Demokratie durch Offenheit und freien Zugang zu Bildung bestärken.
Wie sollten wir den Auf- und Ausbau von OER-Infrastrukturen angehen? Auch hier war die Diskussion fruchtbar: Eine gewisse Pluralität von OER-Portalen ist wichtig, um Innovation zu fördern, mit Dezentralität Strukturen abzusichern und Kompetenzen und Ansprechpartner:innen zu OER z.B. in verschiedenen Bundesländern zu erhalten und zu fördern. Gleichzeitig sollten bestehende Infrastrukturen so vernetzt werden, dass Nutzende nahtlos Inhalte in verschiedenen Portal finden, nachnutzen und zusammen erstellen können. Auch gerade mit Blick auf die zukünftige Finanzierung von OER-Infrastrukturen können Kooperationen z.B. auf Ebenen der Bundesländer einen wichtigen Beitrag leisten. Mit dem Kooperationsangebot twilloHub und dem globalangelegten, instanz-übergreifenden OERSI kann twillo hier ein konkretes Zeichen setzen.
Fazit
Auch dieses OERCamp war mit fast 250 Teilnehmenden ein sehr erfolgreiches Event. Herzlichen Dank an Jöran und Konsorten für die Ausrichtung des Camps und an die Hochschule Hannover für die sehr offene Location. Ein Highlight war auf jeden Fall das Bühnengespräch mit (F)Astronautin Insa Thiele-Eich.
Wir nehmen mit: ganz viele anregende Gespräche, Vernetzungen und Vereinbarungen zu gemeinsamen Projekten. Und wir freuen uns sehr auf die nächsten Begegnungen bei den kommenden OERcamps und Veranstaltungen. Die aktuellsten twillo-Veranstaltungen finden sich in unserem Newsletter.