Dies ist der dritte Beitrag unserer Blogreihe „KI in der Hochschule“. Im ersten Beitrag stand der Einsatz von KI-Detektoren im Fokus, gefolgt von einer rechtlichen Betrachtung von KI und OER. Mit den verpflichtenden KI-Kompetenzen in der Hochschule werden wir die Reihe abschließen.
Fragen aus Texten ableiten: Niveau vs. Komplexität
Ein erstes Einsatzgebiet von KI-Tools liegt in der Erstellung von Fragen zu wissenschaftlichen Texten, die auf eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema abzielen. Um ein angemessenes Niveau sicherzustellen, ist es erforderlich, im Prompt Vorgaben für die formulierten Fragen hinsichtlich Zielgruppen, Lernzielen anzugeben. Andernfalls könnte die KI sehr simple Fragen formulieren, die nicht den Lernzielen entsprechen. Es empfiehlt sich folglich im Prompt Operatoren zu berücksichtigen. Exemplarisch: „Formuliere mir Fragen, die folgende Operatoren beinhalten: Analysieren, Bewerten, in Zusammenhang bringen (Anforderungsniveau 3). Stelle der formulierten Frage explizit den Operator und das zugeordnete Niveau voran.“
Anschauliche Fallbeispiele: Kreativität vs. Realitätsnähe
Neben der Erstellung von Fragen eröffnen KI-Tools auch die Möglichkeit, anschauliche Fallbeispiele zu generieren. Da reale Fallbeispiele in Lehrmaterialien häufig durch Urheberrechte eingeschränkt sind, bieten KI-Tools eine wertvolle Alternative. Ein KI-Chatbot kann fiktive Textvignetten erstellen, die spezifische Herausforderungen thematisieren. Ein Beispiel könnte die Beschreibung der Erfahrungen einer Person in einem spezifischen Arbeitsumfeld sein, das als Grundlage für Diskussionen dient.
Ergänzend zur textuellen Darstellung lassen sich stilisierte Bilder der beschriebenen Personen erstellen, da sie die Materialien anschaulicher gestalten und das Verständnis fördern können. Dabei ist es ratsam, im Prompt verschiedene Stile von Bildern anzufordern, denn fotorealistische Darstellungen können hinsichtlich der Persönlichkeitsrechte zu Problemen führen. Alternativ bieten sich Stile wie Comics, Zeichnungen oder Strichmännchen an, um das Thema visuell ansprechend und rechtlich unbedenklich zu gestalten.
Simulation von Personas
Sind bereits Fallbeispiele erstellt worden, lassen sich diese optimal für einen interaktiven Austausch mit dem Chatbot nutzen. Das Fallbeispiel kann im Prompt integriert werden, um den Chatbot aufzufordern, die beschriebenen Personen in einem nachfolgenden Gespräch zu simulieren. Durch diese Interaktion haben die Lernenden die Möglichkeit, gezielte Fragen zu stellen und ihr Verständnis für die jeweiligen Herausforderungen zu vertiefen. Ein möglicher Prompt könnte lauten: „Simuliere die Rolle eines Dozenten, der neue interaktive Methoden in einer großen Studierendengruppe ausprobiert.“
Solche Simulationen können und dürfen jedoch nicht den Anspruch auf Authentizität erheben. Chatbots basieren auf Wahrscheinlichkeiten und sind nicht in der Lage, die volle Komplexität und Individualität menschlicher Erfahrungen abzubilden. Daher sollten sie als Ausgangspunkt für Diskussionen verwendet werden und nicht als abschließende Darstellungen.
Visualisierung von Prozessen: Komplexitätsreduktion vs. Detailtreue
Die visuelle Darstellung komplexer Prozesse ist eine weitere nützliche Funktion von KI-Tools. Sie können verwendet werden, um etwa zusammenhängende Szenen aus Filmen in anschauliche Bildercollagen zu übersetzen oder Zeichnungen, die Experimentergebnisse dokumentieren, in gemeinfreie Bilder umzuwandeln. Allerdings sollten die Beschreibungen im Prompt so prägnant wie möglich gehalten werden, da übermäßige Details häufig zu inkonsistenten Ergebnissen führen können, die ungenau oder widersprüchlich wirken. Ein Beispiel für Inkonsistenzen wäre etwa, wenn eine Figur im ersten Bild gelbe Kleidung trägt, im zweiten Bild jedoch eine andere Farbe, obwohl das nicht beabsichtigt war.
Einfach gehaltene grafische Stile, wie Strichmännchen mit Farbcodierungen, können dabei helfen, eine Figur über mehrere Bilder konsistent abzubilden. Ein Beispiel-Prompt könnte lauten: „Erstelle ein Bild, in dem ein grünes Strichmännchen einem gelben Strichmännchen hilft. Die Umgebung soll einer schwarz-weiß Bleistiftskizze ähneln.“ Die Darstellung von Prozessen in mehreren zusammenhängenden Bildern erweist sich dennoch oft als herausfordernd für KI-Tools, was zu Schwierigkeiten bei der Schaffung kohärenter visueller Darstellungen führen kann.
Karikaturen und Comics: Urheberrecht vs. Kreativität
Karikaturen und Comics können Diskussionen fördern und kreative Lernprozesse anregen. KI kann bei der Erstellung urheberrechtsfreier Karikaturen helfen. Allerdings können KI-generierte visuelle Inhalte manchmal logische Fehler enthalten, die manuell korrigiert werden müssen, um die beabsichtigte Aussage klar zu vermitteln. Eine Nachbearbeitung lässt sich hier oft nicht vermeiden, da auch Sprech-/ sowie Gedankenblasen von der KI kaum erstellt werden können.
Schaubilder und Infografiken: Übersichtlichkeit vs. Komplexität
Die Visualisierung von Ergebnissen in Form von Schaubildern und Infografiken stellt eine deutliche Schwäche von KI-Tools dar. Textuelle Inhalte werden nur rudimentär umgesetzt, weshalb es ratsam ist, sie in KI-generierten Bildern nachträglich zu ergänzen. Zudem fügt die KI oft Inhalte hinzu, die nicht im Prompt enthalten waren, was die Genauigkeit bei sachlich gestalteten Schaubildern beeinträchtigen kann.
Ausblick zum Einbezug von KI-Tools in OER
Insgesamt zeigen die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von KI-Tools in der Lehre ein großes Potenzial, um Lehrende bei der Erstellung und Aufbereitung von OER zu unterstützen. Die Generierung von Fragen, die Erstellung anschaulicher Fallbeispiele und die visuelle Darstellung komplexer Inhalte sind nur einige Beispiele, die die Lehre bereichern können. Gleichzeitig gibt es erkennbare Schwächen, beispielsweise bei der Darstellung von Prozessen in mehreren zusammengehörigen Bildern oder bei der Qualität von visuellen Inhalten, die manuell nachbearbeitet werden müssen.
Künftig könnten KI-Tools durch die steigende Qualität der Ergebnisse eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung von Lehrmaterialien einnehmen. Lehrende könnten von der Kombination verschiedener KI-Tools profitieren, die jeweils auf unterschiedliche Medien spezialisiert sind, z. B. Textgenerierung, Bild- oder Videoproduktion. So ließe sich die Vielfalt und Qualität der Materialien erhöhen. Darüber hinaus wird es zunehmend sinnvoll, KI-generierte Inhalte nachträglich zu verfeinern, etwa durch spezialisierte Bearbeitungstools, um die Ergebnisse noch gezielter an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. So können Lehrende die Möglichkeiten der KI optimal nutzen und gleichzeitig die individuellen Stärken und Schwächen der einzelnen Tools gezielt ausgleichen.
Letztlich sollte bedacht werden, dass die Anwendung von KI energieintensiv ist und sowohl die Trainingsdaten als auch der Betrieb von KI-Systemen einen hohen Ressourcenaufwand erfordern. Daher ist ein bewusster Umgang mit KI-Tools empfehlenswert, um deren Potenzial optimal zu nutzen.
Wenn Sie mehr über den Einsatz von KI in offenen Bildungsmaterialien wissen möchten und sich insbesondere für die rechtlichen Aspekte dabei interessieren, empfehlen wir Ihnen unseren Workshop KI und OER im Einsatz. Für die Anmeldung und weitere Fragen wenden Sie sich bitte an support.twillo@tib.eu.